Donnerstag, 10. Februar 2011

Radkäppchen und der große, böse Golf

Es war einmal vor unglaublich langer Zeit, an einem friedlichen, kleinen Örtchen mit dem Namen Gründünkelsweiden. Und Gründünkelsweiden war genau der Ort, den man sich so unter einem solch bescheuerten Namen vorstellen würde. Saftig grün mit viel ganzen Bäumen drin. Und, wie sollte es auch anders sein, dort lebte das friedlichste, netteste und tüchtigste kleine Volk, das man sich so vorstellen kann, die Kanallkeppe. Nicht sehr groß, nicht sehr schlau, aber immer gut gelaunt und unglaublich geschickt im Bearbeiten von Steinen, Felsen und Granit. Leider hatten die Götter den Kanallkeppen damit einen üblen Streich gespielt, den in ganz Gründünkelsweiden gab es nicht einen einzigen Felsen und die paar großen Steine, die die saftigen Wiesen und Weiden zu bieten hatten, waren schon längst bearbeitet und wiederbearbeitet worden. Und so trieb sie ihre Suche nach dem begehrten Rohstoff immer weiter und weiter weg von der Sicherheit ihrer kleinen Siedlung im Herzen dieser prächtigen Auen.
Auch zwei der Dorfjünglinge, ihr Bart war noch nicht sproß, drängte es nach mehr als kleinen Kieseln und Steinchen. Andi Waffen und Lars Knaggen hatten gerade das Rainfeyan-Ritual vollzogen und somit das Recht erworben, ohne Aufsicht ausserhalb der Siedlung auf Steinjagd zu gehen. Nur war dies nicht ganz was ihnen vorschwebte. Die beiden fühlten sich zu höherem berufen. Doch wussten beide nicht so Recht, zu was eigentlich.
Bis zu jenem schicksalhaften Tag, kurz nach dem Rainfeyan, als ein vergessen geglaubtes, vertrautes Geräusch Lars Knaggen aus dem Mittagsschläfchen riß.
Erst dachte er müsse sich verhört oder geträumt haben. Schrieb es dem Duddligkraut und dem Mittagspfeiffchen zu, das er sich gern mal gönnte. Aber er hatte sich nicht verhört. Da war es doch wieder. Ein zartes leises Gurren. Und Flügelschläge. Tauben. Nein, das kann nicht sein. Alle Tauben waren seit Jahren verschwunden, so wie alle anderen Vögel von Gründünkelsweiden. Die einzigen Vögel, die Lars je gesehen hatte, waren die im Taubenschlag seines Großvaters Laud Knaggen. Aber auch der war schon seit Jahren verschwunden.
Und da war es wieder. Gurr. Gurr. Flap, flap, flap. Gurr.
Lars sprang auf um sich endgültig zu vergewissern. Er knallte das Fenster regelrecht auf und ihn traf ebenso der Schlag. Auf der kleinen Steinbank, wo früher Großvater Lauds Taubenschlag gestanden hatte, saß Jolanda, die beste Brieftaube des alten Knaggen. Lars erkannte sie sofort. An ihrer rechten Kralle war ein kleines Päckchen angebunden, drauf stand in zittriger Schrift: Lars Knaggen, Gründünkelsweiden
Lars zitterte dermassen vor Aufregung, er war kaum in der Lage die Kordel vom Bein der Taube zu lösen. Eine Nachricht seines lange verschollenen Großvaters. Er konnte es kaum fassen. Als er die Kordel endlich gelöst hatte, hielt er ein kleines Ledermäppchen in der Hand.
Noch im selben Moment schnellte Jolanda nach oben, orientierte sich kurz und flog dann sehr bestimmt in den Horizont.
Lars schaute ihr noch lange nach. Er hatte schon seit Jahren keine Vögel mehr gesehen und der Anblick war einfach überwältigend.
Als sie nur ein Pünktchen am Horizont war, besann sich der Junker des Ledermäppchens in seiner Hand. Darin befand sich ein einziges, großes, gefaltetes Papier. Eine Karte. Liebevoll gezeichnet und beschriftet in der Handschrift seines Großvaters. Am oberen linken Rand lag ganz klein Gründünkelsweiden. Von dort aus in die Richtung, in die auch die Taube geflogen war, war ein verschlungener Weg eingezeichnet. Er führte an vielen Orten und Weiden vorbei, die alle so unglaublich viel größer zu sein schienen, als Gründünkelsweiden, bis in die untere rechte Ecke, wo viele große Steine eingezeichnet waren, und der Pfad endete. Über diese Zeichnung hatte sein Großvater nur ein Wort geschrieben. Den Namen des Ortes. Und als Lars diesen Namen las, wusste er urplötzlich, wo er hingehörte, wußte er direkt, was seine Bestimmung war. Er musste dorthin. Dieser Namen gab der Existenz der Kanallkeppe wieder neuen Wert und versprach unendliche Resourcen für ihr einzig wahres Talent. Der Name des Ortes war:
Steingrund

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