Mittwoch, 6. Juli 2011

In Dillingen gehen die Wasseruhren anders...

Die Zeiten, da sich städtische Beitriebe nach Gutsherrenart über berechtigte Nachfragen ihrer Kunden hinwegsetzen konnten, sind lange gezählt. Das Problem ist, dass immer mehr Kunden das inzwischen leben, nur manche eben manche städtichen Betriebe eben nicht, wie man am Beispiel der Dillinger Stadtwerke sieht.

Dort hatte ein Kunde, nachdem er vermutete, in seinem Keller sei eine überdimensionierte Wasseruhr eingebaut worden, um Aufklärung bei den zuständigen Wasserwerken gebeten. Die auch prompt am kommenden Tag, zwar eine Stunde später als vereinbart, aber immerhin, einen Techniker raus geschickt hatten, der für Aufklärung sorgen sollte. Der war jedoch nicht in der Lage, den technischen Nachweis zu erbringen, dass die eingebaute Wasseruhr zum Verbrauch des Haushalts passt. Stattdessen wurde der Kunde mit Aussagen beruhigt wie: Das werde schon stimmen, sonst habe man ja 1.600 Wasseruhren falsch eingebaut. Das Prinzip: Weil nicht sein kann, was nicht sein darf!

Daraufhin geschah über Wochen nichts, außer, dass auf erneute schriftliche Nachfrage, der Versuch gestartet wurde, den Kunden lapidar abzuspeisen. Erst als die Medien eingeschaltet wurden, wurden die Stadtwerke unruhig. Nervöse Anrufe der Stadtwerke bis hin zum Bürgermeister folgten nun. Schließlich passt der unangenehme Vorgang nicht wirklich gut in den Bürgermeisterwahlkampf. Das hätte man sich vorher überlegen können. Die Zeit dazu war da.

Faktisch geht es darum, dass in besagtem Haus (und nicht nur dort) im vergangenen Jahr eine alte Wasseruhr vom Typ Qn=2,5 gegen eine neue vom Typ Q3=4 ausgetauscht wurde. Egal wie man es dreht, für einen Zwei-Personenhaushalt einfach zu groß. Zwar sind die Angaben Qn und Q3 nicht deckungsgleich. Angegeben werden hier im Prinzip die durchschnittlichen Wassermengen pro Stunde für die die Wasseruhr brauchbare Messwerte liefern soll. Sicher ist aber, dass für einen Zwei-Personen-Haushalt die kleinste Wasseruhr - und selbst die ist nicht wirklich geeignet - zur Anwendung kommen sollte und das wäre eine Q3=2,5. Wirklich genau messen allerdings nur Ringkolbenzähler, bei denen es nicht zu trägheitsbedingten Nachläufen kommt, die - bei haushaltsüblichen Entnahmen von Kleinmengen - zu einer Abweichung von bis zu 15 Prozent zu Ungunsten des Kunden führen. Eine Ungenauigkeit von "ein paar Euro", so die Stadtwerke Dillingen, dazu schriftlich. Ärgerlich ist in diesem Zusammenhang, dass die "paar Euro" gleich ein paar Euro mehr werden, weil ja auch die Abwasserabgaben direkt an den Wasserverbauch gekoppelt sind. Ist der um 15 Prozent zu hoch, wirkt sich das direkt auf die bedeutend kostspieligeren Abwasserkosten aus. Aber mit anderer Leute Leder, ist ja bekanntlich gut Riemen schneiden.

Klar ist aber auch, dass es sich hier um kein Eichungsproblem handelt, da die Uhren im  vorgesehenen Arbeitsbereiches wahrscheinlich innerhalb der Toleranz von max. +/- 5 Prozent arbeiten. Vielmehr geht es darum, dass selbst die kleinsten Wasseruhren (Q3=2,5) in vielen der normalen, kleineren Haushalte unterhalb der geeichten und dokumentierten Wassermenge arbeiten und somit überhaupt keine Erkenntnisse vorliegen, innerhalb welcher Toleranzen hier gemessen wird. Die so ermittelten Verbrauchsmengen genügen deshalb eigentlich einer ordentlichen Rechnungslegung nicht im geringsten. Selbst dann nicht, wenn der kleinstmögliche Zähler eingebaut ist. Von einem zu großen, ganz zu schweigen.

Die genaueren Ringkolbenzähler, die bauartbedingt nicht nachlaufen, sind allerdings teurer als die derzeit verwendeten Flügelradzähler und werden deshalb nicht verwendet... Teurer für die Stadtwerke im doppelten Sinne: erstens kosten sie mehr und zweitens rechnen sie zugunsten der Kunden genauer ab. Obwohl: Die paar Euro...

Nach mehreren Veröffentlichungen zu dem Thema in der SZ und im SR zeigt sich, dass das Problem der überdimensionierten Wasseruhren kein reines Dillinger Problem ist, obwohl man hier mit der Problematik besonders "klug" umgegangen ist. Dass viele "richtige" Flügelradzähler, dennoch keine belastbaren Messergebnisse liefern ist ein systemimmanentes Problem, das leicht gelöst werden könnte: Einfach in Zukunft die genaueren Ringkolbenzähler einsetzen und gut ist.

Interessant an der Reaktion der Dillinger Stadtwerke ist u.a., dass sie sich für ihr langes Schweigen damit entschuldigt hatten, dass sie erst beim Hersteller die notwendigen Daten abrufen mussten – wohlgemerkt: nachdem die Wasseruhren bereits eingebaut waren und erst nachdem Beschwerden bzw. Rückfragen von Kunden kamen. Dass die Einbauquittung des betroffenen Kunden eine Wasseruhr Qn=2,5 dokumentiert obwohl eine größere Qn=4 eingebaut wurde, lässt Raum für mannigfaltige Spekulationen über die Motivation der Stadtwerke. Wurde hier möglicherweise sogar wider besseres Wissen gehandelt? Oder sind einfach nur Dilettanten am Werk? Und was wäre schlimmer?

Dass nun äußerst kompetent darauf hingewiesen wird, dass man die Eichung der Uhren gerne überprüfen könne, zeigt nur, dass die Problematik dort noch nicht verstanden werden wollte oder konnte. Wobei in diesem speziellen Falle "Will-nicht" möglicherweise auch in der "Kann-nicht"-Straße wohnt. Zum leichteren Verständnis dazu ein Bild: Wer auf einer LKW-Waage 100 Gramm Zucker abwiegen möchte, bekommt möglicherweise Messfehler. Das Problem ist hier nicht die Eichung der LKW-Waage, sondern die Tatsache, dass sie nicht zum Abwiegen von geringen Mengen Zucker gebaut wurde.

So subtil wie eine Kakerlake auf einem weißen Teppich ist in diesem Zusammenhang auch, dass hier - bestimmt bei dem ein oder anderen Kunden Wirkung zeigend - mit einer Kostenkeule von 150 Euro hantiert wird, für den Fall, dass der Kunde eine Eichung wünscht, und diese – erwartungsgemäß – bestanden wird. Hier wird mehr oder weniger geschickt von der eigentlichen Problematik überdimensionierter und ungeeigneter Zähler abgelenkt.

Tatsächlich ist es aber wohl so, dass sich die Stadtwerke Dillingen (und wahrscheinlich nicht nur die) auf Kostenrückforderungen seitens ihrer Kunden einstellen sollten.

Pfff, die paar Euro...



     

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