Wenn man Kritik nicht mit Fakten
bekämpfen kann, dann eben mit Spott und Häme. Das versuchen derzeit
die Öffentlich-rechtlichen und deren stromlinienförmige
Mediendödel. Statt sich mit der Sache auseinanderzusetzen, fürchten
die Sprachrohre der Regierenden, also die Mainstream-Medien, nun
linkisch eine Petitionsflut... Wenn ihnen ihr Burger nicht schmeckt,
machen Sie doch eine Petition, oder die Wetten in „Wetten dass...“.
Dünner Stuhlgang? Eine Petition kann helfen!
Hier sollen Äpfel zu Birnen gemacht
werden...
Es wird ganz bewusst der Versuch
gestartet, von einem grundlegenden Problem unseres
öffentlich-rechtlichen Bezahlfernsehens abzulenken, das sich
lediglich über die Petition gegen Lanz entlädt. Lanz ist kein
Einzelfall und wer die zahlreichen Kommentare zu der Petition an
verschiedensten Stellen liest, der merkt sehr schnell, wenn er es
denn merken will oder kann, dass sich hier ein gerechtfertigter Unmut
darüber breit macht, dass die Öffentlich-Rechtlichen ihrem
Verfassungsauftrag nicht mehr nachkommen. Das gilt insbesondere für ARD und ZDF,
denen schon lange jegliche Kritikfähigkeit ausgetrieben wurde. An
deren Stelle ist eine eitle, widerlich anbiedernde
Hofberichterstattung getreten, von der nur dann abgerückt wird, wenn
vermeintliche Systemfeinde ins Visier genommen werden können. Dann
wird getreten, damit man nicht selbst rausgekickt wird. Wer dann
über die medial Schwächeren möglichs brutal herfällt, bekommt
sein Unbedenklichkeitsgutachten und darf auf dem Karriereleiterchen
zumindest in gleicher Höhe verweilen. Was sich so mancher
Moderator/Reporter gegenüber manchem wenig oder kaum protegierten
Gesprächspartner herausnimmt, würde man sich auch mal gegenüber
einer Merkel oder einem Gabriel wünschen. Man darf es als
Gebührenzahler sogar verlangen, denn: Das kritische Hinterfragen der
Macht, ist keine Kür der Öffentlich-Rechtlichen, es ist deren
Pflicht. Dafür werden Sie von uns bezahlt...
Zur Galionsfigur dieser systematischen
und andauernden Pflichtverletzung ist nun Markus Lanz geworden. Er
verkörpert die unterwürfige Oberflächlichkeit des unkritischen
Gefälligkeitsjournalismus', für den unsere öffentlich-rechtlichen
Anstalten inzwischen in erschlagender Mehrzahl stehen (Institutionen
wie Deutschlandradio und Deutschlandfunk sollen hier ausgeklammert
werden! Dafür gebe ich gerne!).
Weder das ZDF, das sich mit arg
dreisten Lügen aus der Verantwortung stehlen wollte, noch Lanz
selbst, der immer noch glaubt, die Ursache der Kritik läge in einer zu kritischen Befragung der Talk-Gäste, wollen oder können
verstehen, worum es hier wirklich geht. In der seichten Angepasstheit
öffentlich-rechtlicher Informationskultur dürstet es den Zuschauer
wohl eher nach mehr, denn weniger Kritik. Und mit kritischem
Journalismus kommt der Zuschauer klar, obwohl er diesbezüglich
wenig gefordert wird. Zu glauben, dass dauerndes
Dazwischengequatsche, unfaires Missverstehen anderer Meinungen,
peinliches Niederschreien, beleidigende Dümmlichkeit und Fragen auf
Sandkastenniveau mit kritischem Journalismus geleichgesetzt werden
könne, beweist schon, dass Herrn Lanz und wohl auch den Entscheidern
beim ZDF inzwischen ihre Bequemlichkeit wichtiger als ihr Auftrag
ist.
Hier auf Gutsherrenart die Sache damit
abtun zu wollen, dass es ja gegenüber hundertausender
Petitionsunterzeichner abermillionen Zuschauer gebe, die schwiegen,
fügt sich dabei nahtlos in das Selbstverständnis und die Logik
eines längst angepassten Medienapparats ein. Einfach davon
auszugehen, dass der, der nichts sagt, auch nichts zu sagen,
respektive zu kritisieren hat, ist im besten Falle Ignoranz. Der
Öffentlich-rechtliche Medienapparat ist längst unter der Kontrolle
derjenigen, die er eigentlich kontrollieren sollte. Er hat inhaltlich
und personell kapituliert und wurde so zum Gegenteil dessen, was er
eigentlich hätte sein sollen: er mutierte vom möglichst neutralen,
objektiven und kritischen Begleiter der Mächtigen zu deren
Sprachrohr.
Es geht hier nicht um ein „Markus
Lanz? Ja oder nein!“. Es geht um mehr. Es geht um viel. Das sollte
den Öffentlich-rechtlichen klar sein. Es geht darum, was die
Bevölkerung für ihre Zwangsabgabe erwartet und – per Gesetz –
auch erwarten kann.
Es geht darum, ob sich die
Öffentlichkeit – und dazu gehört „die schweigende Mehrheit“
(von der sich übrigens auch Richard Nixon gerne legitimieren ließ)
– es weiterhin hinnimmt, dass mit deren Geld gegen deren
Interessen und deren Recht auf möglichst objektive Berichterstattung
verstoßen wird. Es geht darum, zu fragen, ob die Medienmacher in den
Sendeanstalten ihren Auftrag und ihr Publikum noch ernst nehmen oder
eben für diejenigen, die sich nicht plump und dumm vorführen lassen
wollen und das auch noch laut sagen, nur Spott und Häme übrig
haben, egal ob diese Kritiker vor der Kamera oder vor dem Bildschirm
sitzen.
In der Wirtschaft heißt es: wer
bestellt, bezahlt. Ein Grundsatz der beim Öffentlich-rechtlichen
Fernsehen schon lange nicht mehr gilt. Tatsächlich bezahlen wir
alles, die Sendeanstalten und die Politiker, die sie paradoxerweise
in den Rundfunkräten kontrollieren. Dabei sollte es doch genau
andersherum sein. Wen wundert es da, dass Rückgrat schwache
TV-Karrieristen mehr den Zorn der Politiker fürchten als den der
zahlenden aber vermeintlich machtlosen Öffentlichkeit? Wen stört es
noch, dass hier nach dem Prinzip „wer schön schreibt, der bleibt“
gearbeitet wird? Wer fragt sich noch, warum der Journalist bei dem
sich die meisten Politiker tummeln, der angesehenste ist und nicht
etwa der, den die Mächtigen meiden, aus Angst für unangenehmen
Fragen? Wenn wundert es noch, dass eine handvoll wacher Kabarettisten
inzwischen den Job von Journalisten machen müssen, weil sie noch die
einzigen sind, die sich trauen, von der Politik gesetztes zu
hinterfragen oder auch nur ihr Gehirn zu benutzen...
Unsere Interpretation einer Demokratie
krankt unter anderem an solchen korrumpierten Medien-Strukturen, die
den Menschen ein X für ein U, PR für Journalismus verkaufen wollen.
Was ist von einem kritischen
Journalismus zu halten, der sich nach Strich und Faden belügen
lässt, der nicht mehr recherchiert, sondern nur noch Verlautbarungen
verliest, der überhaupt nicht mehr an Information interessiert ist,
sondern nur noch daran, dem System möglichst lange anzugehören, der
nicht mehr gefürchtet, sondern nur noch gemocht werden? Was ist von
einem Sender zu halten, der z.B. ein exklusives und brisantes
Interviews mit Edward Snowden ins Nachtprogramm verbannt? Haben die
beim ZDF einfach nur ihr journalistisches Gespür verloren... oder
steckt System dahinter? Was ist von Medienanstalten zu halten, bei
denen es inzwischen Usus ist, die Interviews mit Vertretern der
Regierung oder großer Unternehmen „vor der Sendung aufzuzeichnen“,
damit nur ja nichts außer Kontrolle gerät...
Eine öffentlich-rechtliche
Sendeanstalt, die sich auf so etwas überhaupt einlässt, die nicht
die Eier hat, einen Politiker, der nicht live Rede und Antwort stehen
will, das Podium zu entziehen, hat Probleme mit ihrem
journalistischen Selbstverständnis. Das kritische, politische
TV-Interview hat eigentlich, wenn es nicht live stattfindet,
keinerlei Sinn. Es ist eine stumpfe Klinge, die im grellen
Scheinwerferlicht nur noch scharf funkelt. Blendwerk. Aber genau das ist
gewollt! Und genau das wollen wir bezahlen? Im Supermarkt der
öffentlich-rechtlichen Meinungsbildungsanstalten wird uns schon seit
langem Pferde-Lasagne verkauft, Esels-Lasagne sogar...
Wofür bezahlen wir unser Geld? Wofür
wird es uns ungefragt abgenommen! Diese Art der „Unterhaltung“
können wir auch bei den Privaten haben, allerdings kostenlos. Und
dieses wohlig warme Gefühl verarscht zu werden, schwingt bei der
Empörung über Markus Lanz bewusst oder unbewusst mit. Diese
Empörung ist alles andere als banal, diese Empörung ist eine
Empörung über eine Informationspolitik innerhalb der
Öffentlich-rechtlichen Medien, die schon lange aus dem Ruder
gelaufen ist, die den Mächtigen die Hand hält und deren Vokabular
verbreitet, statt deren Schritte kritisch zu hinterfragen. Es geht um
unsere „Bürgermedien“, die nur noch leidlich Unterhaltung,
längst aber keine Information mehr bieten.
Um es noch einmal zu sagen: Die
Öffentlich-rechtlichen bekomme dafür unser Geld, dass in
unserem Interesse die Politik, die Regierung und die Mächtigen
begleitet und kritisch hinterfragt werden. Tun sie das nicht mehr,
tun sie gar das genau Gegenteil, dann wäre es vielleicht Zeit für
eine Petition gegen die Verschwendung unserer Rundfunkgebühren!
Lächerlich, oder?
Jörg O. Laux (c) 2014